Spanischer Abend
Domenico Scarlatti: Ausgewählte Sonaten für Cembalo
Domenico Scarlatti (1685–1757) hat in der Barockmusik einen einzigartigen Weg eingeschlagen. Nach einer Jugend im Schatten seines berühmten Vaters Alessandro in Neapel und Rom wendet sich das Schicksal des Komponisten, als er 1720 Italien verlässt und sich auf der iberischen Halbinsel niederlässt: sein Exil legte jetzt den Grundstein für sein Hauptwerk. Er diente am portugiesischen Hof in Lissabon und folgte dann seiner hingebungsvollen Schülerin Infantin Maria Barbara von Braganza nach Madrid, als sie 1733 Königin von Spanien wurde. Fast drei Jahrzehnte lang komponierte Scarlatti in Sevilla und vor allem in Madrid für sie ein monumentales Werk von etwa 555 Cembalo-Sonaten, die er sehr bescheiden Essercizi (Übungen) nannte. Sie spiegeln in der schlichten Form jeweils nur eines Satzes den Zeitgeist Spaniens wider, verbinden italienische Eleganz mit iberischer Leidenschaft. Die Rhythmen der Volkstänze, die Wendungen regionaler Melodien, das Klappern der Kastagnetten, die Kraft des Flamencos und der Gitarre verschmelzen bei Scarlatti zu einer unverwechselbaren Cembalo-Klangpracht.
Bertrand Cuiller, Paris
Cembalo nach Christian Zell, Hamburg 1728